Höllentour

Dokumentarfilm, 120 min, D 2004

Die Tour de France ist mehr als nur ein Radrennen. Sie ist Mythos, Legende, Phänomen - vor allem aber ein Ereignis, auf das man sich jedes Jahr aufs Neue freut. Mit alten Bekannten, überraschenden Wendungen, tragischen Helden und einem Ende, das nur in einem Punkt vorhersehbar ist: Die letzte Etappe führt nach Paris.

Über den Film

Im letzten Jahr wurde sie 100 Jahre alt - die Große Schleife durch Frankreich. Millionen Menschen an den Straßen und an den Bildschirmen verfolgten die faszinierenden Bilder von schwitzenden Fahrern, die sich kurz vor dem Koma mörderische Anstiege hinaufquälten. Millionen fieberten bei den spektakulären Massenankünften mit, als die Sprintspezialisten ihre Rivalen mit explosiven Antritten niederrangen. Millionen hielten den Atem an, als Jan Ullrich beim Zeitfahren auf regennasser Straße stürzte.

Die Tour de France ist mehr als nur ein Radrennen. Sie ist Mythos, Legende, Phänomen - vor allem aber ein Ereignis, auf das man sich jedes Jahr aufs Neue freut. Mit alten Bekannten, überraschenden Wendungen, tragischen Helden und einem Ende, das nur in einem Punkt vorhersehbar ist: Die letzte Etappe führt nach Paris.

Regisseur Pepe Danquart hat mit drei Kamerateams gleichzeitig dieses mediale und sportliche Großereignis begleitet. Mit diesem Projekt, das in der Geschichte der Tour einmalig ist, wandte sich Danquart nach dem Eishockey-Film HEIMSPIEL zum zweiten Mal dem Sport zu. Doch er schuf kein klassisches Wettkampfepos, auch wenn die spektakulären Aufnahmen der rasanten Fahrten tatsächlich atemberaubend sind. Höllentour liefert eine Innenansicht der Tour, einen Blick auf die Menschen mit ihren Leiden, Ängsten und Schmerzen. Pepe Danquart kam seinen Protagonisten, dem Team Telekom (jetzt T-Mobile Team), sehr nahe. Er begleitete sie nicht nur auf den Straßen, sondern zeigte auch die Erschöpfung danach, er folgte ihnen in die kleinen Hotelzimmer, in Badezimmer, wo sie sich die Beine rasieren.

Die Tour de France, dieses gigantische, kommerzielle und hochprofessionelle Unternehmen, erscheint hier von Menschen gemacht. Dabei berichtet der Film über jede der Etappen, die sich in Charakter und Herausforderung grundsätzlich unterscheiden, jedes Mal anders. Mal steht eine Polizistin an der Absperrung im Mittelpunkt, mal wird über die Zuschauer erzählt, mal über "Eule", das Faktotum der Mannschaft, Masseur und absoluter Vertrauensmann.

Im Zentrum des Films aber steht die Männerfreundschaft von Zabel und Aldag, die seit Jahren die Zimmer teilen und höchstens mal darüber in Streit geraten, wer die Fernbedienung in Besitz nehmen darf. Uneitel, nüchtern und sympathisch kommentieren die beiden den Verlauf des Rennen, sprechen offen über ihre eigenen Versagensängste, aber auch über den Stolz, dabei sein zu dürfen. Diese abendlichen Gespräche enthüllen vielleicht mehr von dem, was die Tour bedeutet, als das hektische Treiben im Blitzgewitter am Tage.

Der Verlauf der Tour 2003 kam Danquart entgegen. Hitchcock hätte sich diese Spannungsdramaturgie ausdenken können. Andreas Klöden verletzt sich gleich zu Beginn, kämpft tagelang mit den Schmerzen und muß schließlich doch vorzeitig ausscheiden. Am gleichen Tag gewinnt aus derselben Mannschaft Alexander Winokurow die Etappe und fährt ganz vorn mit. Zabel stürzt in der 6. Etappe. Der Film nimmt sein Leiden auf. Hätte Danquart ein Drehbuch für die Tour geschrieben, es sähe vielleicht nicht viel anders aus als der reale Verlauf des Rennens.

Höllentour ist sowas wie ein Gesamtporträt dieses großen und nun schon historischen Unternehmens. Dank des begnadeten Archivars Serge Laget ist die Geschichte im Film anwesend. Er bereitet Mythen, unglaubliche Legenden und zum Teil recht bizarre Anekdoten aus 100 Jahre Tour de France vor uns aus. Für ihn steht das Rennen, das in 180 Länder übertragen wird, noch vor Olympia. Schließlich sei es beständiger, fände jedes Jahr statt und immer im größten und schönsten Stadion der Welt - in ganz Frankreich. Dieses Land in seiner Schönheit und kulturellen Vielfalt ist ein weiterer Held des Films, seine heitere Gelassenheit, ja selbst seine besonderen Gerüche werden spürbar. Danquarts Film, der aufwändig digital nachbearbeitet wurde, schildert eine dreiwöchige, nicht vorhersehbare Jagd nach Bildern, Eindrücken und magischen Augenblicken - eine Suche nach der Wahrhaftigkeit hinter dem Spektakel, die nicht weniger spannend ist als das Rennen selbst.

Cast und Crew

mit:
Erik Zabel, Rolf Aldag, Andreas Klöden, Alexander Winokurow, Steve Zampieri, "Eule" Dieter Ruthenberg, Mario Kummer, Serge Laget, u.v.a
Buch und Regie:
Pepe Danquart
Co-Regie:
Werner Swiss Schweizer
Kamera:
Michael Hammon, Wolfgang Thaler, Filip Zumbrunn Ton:
Paul Oberle, Wolfgang Widmer
Schnitt:
Mona Bräuer

Sounddesign: :Matz Müller, Erik Midschijew

Mischung:
Martin Steyer
Musik:
Till Brönner
Produzentin:
Mirjam Quinte, Quinte Film
Co-Produzenten:
Claudia Schröder, Multimedia Film- und Fernsehproduktions GmbH; Werner Schweizer, Dschoint Ventschr Filmproduktion
Redaktion:
Hans Robert Eisenhauer, ARTE; Jutta Krug, WDR; Paul Riniker, DRS