Malerei
Dokumentarfilm,
Produktionszeit 2019-2022,
117 min, DCP
Der Maler Daniel Richter ist ein Star der internationalen Kunstszene. Seine Bilder werden auf der ganzen Welt gekauft, gesammelt und gehandelt - er gehört zu den einflussreichsten Künstlern unserer Zeit. Geboren in Eutin, Schule und Ausbildung abgebrochen, ist er in seinen 20ern in der Hausbesetzerszene Hamburgs aktiv. Er entwirft Flyer, Plattencover und Plakate für Punkbands, gründet das Musiklabel Buback und studiert schließlich doch an der Hochschule für bildende Kunst. Heute lebt und malt er in Berlin - ist aber dem linksautonomen Milieu der Hamburger Hafenstrasse bis heute verbunden. Im Herzen ist er ein Rebell geblieben, ein zutiefst sozial-kritischer, politischer Mensch. Der Oscar®-prämierte Regisseur Pepe Danquart hat Richter über einen Zeitraum von drei Jahren begleitet, hat seine künstlerische Entwicklung festgehalten, ist ihm zu seinen großen Ausstellungen in New York und Paris gefolgt und hat ihn in seinem Atelier beobachtet: beim Malen, beim Musik hören, beim Nachdenken, ganz pur und unkommentiert. Richters Bilder sind häufig politisch motiviert, pessimistisch oder ironisch, handeln von Konflikten und kultureller Unordnung. Farbenstark, leuchtend, wirken sie oft surreal, fast psychedelisch.
Entstanden ist ein Film über zeitgenössische Malerei, über den Kunsthandel, vor allem aber über den gefeierten Gegenwartskünstler Daniel Richter, sein malerisches Werk, sein aktuelles Schaffen - flankiert von seinen Malerfreunden Jonathan Meese und Tal R, dem Sammler Dr. Harald Falckenberg und der Kuratorin Eva Meyer-Hermann.
Dabei ist Pepe Danquarts spannender Dokumentarfilm weit mehr als ein klassisches Porträt oder eine Hommage an das Werk Daniel Richters. Er geht der Frage nach, wie politisch ein berühmter Maler in einem Umfeld des turbokapitalistischen Kunstmarkts eigentlich sein kann.
Ein filmisches Intermezzo mit zwei Papageien, abstrakt-figurativer Malerei und einer Kamera.
Oscar-Preisträger Pepe Danquart („Schwarzfahrer“), gefeiert für bemerkenswerte Dokumentationen („Höllentour“, „Am Limit“), errang für diesen Film das Vertrauen von Daniel Richter, um den Mann bei der Arbeit im Atelier und den Vorbereitungen für neue Ausstellungen sowie beim Gespräch mit der Galeristin Hella Pohl zu filmen. Das ist in der Summe enorm unterhaltsam, weil Danquart stets die richtige Balance zu Distanz und Nähe findet. Zudem ist Richter ein immens beredter Gesprächspartner mit Sinn für Selbstironie, der so tief in den kreativen Prozess eintaucht, dass er die Kamera nicht mehr wahrzunehmen scheint. Daraus ergeben sich immer wieder überraschende Einblicke in Richters künstlerisches Selbstverständnis. WAZ
Man hört ihm einfach gern zu. Ahnt Hinterlist und Hinterhalt. Zumal auch noch Malerfreund Jonathan Meese, wortreich, wendig, witzig, einsteigt. Meese im Atelier von Richter, das ist wie ein Happening. Dass klug und amüsant geplaudert wird, kommt zu all den Kaspereien noch obendrauf. So wird „Daniel Richter“, das Dokuporträt, zu einer Reise durch eine Kunstwelt, die im Anti begann und in der Umarmung gelandet ist. LVZ
Erfreulich konsequent bleibt jegliches Private (bis auf zwei frei fliegende Sittiche im Atelier) ausgeklammert. Das ist gut so. Kölner Stadtanzeiger
Man gewinnt einen Eindruckt, wie er tickt und arbeitet, und manchmal hat es – im besten Sinne – fast etwas von der TV-Kultserien „Bob Ross: The Joy of Painting.“ Cinema
Und so entsteht Strich für Strich ein Gemälde aus Öl und Kreide auf der Leinwand, dessen Unfertigkeit nur er selbst erkennt, das aber am Schluss auf merkwürdige Weise auch den Laien ästhetisch überzeugt. Uns an dieser Entstehung teilhaben zu lassen, ist eine Leistung des Films von Pepe Danquart. Pepe Danquarts große Kunst besteht darin, hinter seinem Objekt zu verschwinden. Schon sehr bald hat man das Gefühl, selbst dabei zu sein, wenn Daniel Richter malt. Epd Film
Danquart gelingt es den kreativen Prozess einzufangen, in dem sich der Plattenspieler immer dreht und die Papageien frei fliegen. Daniel Richter ist ein stimmiger Film über Malerei, Kreativität und einen Künstler, dessen widerspenstige Punk-Attitüde kein inszeniertes Image, sondern klar ein Teil einer Haltung ist. Rolling Stone
Selten wurde künstlerisches Schaffen so „eins zu eins“ auf die Leinwand gebannt. Die Kamera begleitet Richter zu Vernissagen in New York und Paris, beobachtet ihn in seinem Atelier, wie er mit viel Selbstironie seine Arbeit reflektiert und zeigt ihn in putziger Interaktion mit seinen Ateliergenossen, zwei zutraulichen Zwergpapageien. SZENE Hamburg
Mehr als nur eine klassische Künstlerbiographie. Diese intime Nähe zum künstlerischen Prozess ist ein kostbares Gut des Films. Man sieht Richter mit Pinsel und Farben vor seinen Leinwänden, sieht, wie er Fehler macht, Ideen wieder verwirft, von der Leinwand schmiert oder kratzt, neu ansetzt. Angenehm uneitel wirkt Daniel Richter auch im Film, schluffig, in farbverkleckstem Sweatshirt und zerbeulter Jeans mit zerzausten Haaren und fisseligem Bart hat man nie den Eindruck, er würde sich für die Kamera in Position setzen, was ihn ausgesprochen sympathisch macht. [...] fast zwei Stunden, die gerne auch noch ein bisschen länger dauern dürften. RBB Kultur
Der behutsame Film von Pepe Danquart geht sehr rücksichtsvoll mit dem Künstler und seinem Werk um. Erhellend sind kurze Blicke auf die Plattencover für Richters Label Buback [...]. Das strenge quadratische Format der Cover setzt Richters Entwürfe unter Spannung. Deutschlandfunk Kultur
Was ich an dem Film wirklich erstaunlich fand – die Ernsthaftigkeit, mit der dieser ehemalige Punk seine Kunst betreibt. Es ist wunderbar zu sehen, wenn er mit einem großen Strich ein Stück auf die Leinwand bringt, und dann ein Papagei auf seiner Hand landet, aber er sich nicht beirren lässt und gleich in seiner Linie bleibt. Wir sehen, wie Daniel Richter malt. [...] Daniel Richter ist auch in der Lage zu erklären, was er da tut, und warum er es tut. Dieses intuitive Wirken von Kunst [...] ist in diesem Film unglaublich gut dargestellt. [Pepe Danquart] hat ein großes Talent, hinter seiner Kamera zu verschwinden. Er hat diese Fähigkeit, seinen Gegenstand nach vorne zu holen und selbst in den Hintergrund zu treten, und damit hochunterhaltsame Filme zu schaffen. Daniel Richter zuzugucken, ist einfach unglaublich witzig, spannend, interessant [...]. Das Pepe Danquart schafft auf ganz erstaunliche Weise, dass er immer auch das Humorvolle rauskitzelt, das Unterhaltsame drin hat, Erkenntnis drin hat, und dass er selbst dahinter verschwindet. HR2 Kultur
Wenige Künstlerporträts verschaffen uns das Privileg, einem Maler so nahezukommen, als hätten wir freien Zugang zu seinem Atelier. Drei Jahre lang durfte Pepe Danquart den Maler Daniel Richter begleiten. Er hat ihm mit der Kamera beim Malen zugeschaut, bei Verhandlungen mit seiner Galeristin, im Gespräch mit seiner Verlegerin und beim Scherzen mit seinem Weggefährten Jonathan Meese. Er befragt Sammler, ist auf Auktionen zugegen und sogar beim Besuch im Schallplattenladen. So entsteht das komplexe Bild eines bildenden Künstlers, der dem Abstrakten ebenso zugeneigt ist wie dem Figurativen und der fortwährend auf der Suche nach dem Sinn seiner Arbeit scheint. Auf dem Kunstmarkt erzielen Daniel Richters Gemälde Höchstpreise – ein Aspekt, den weder Pepe Danquart noch der Maler selbst auslassen, der hier zum Glück aber nicht im Mittelpunkt steht. Vernissagen, Auktionen und Galadiners geben der Filmerzählung Struktur, doch ihr Herz ist Richters Atelier. Dort erleben wir ihn als Handwerker, als rastlosen Macher, der erstaunlich freimütig und selbstironisch über seine Arbeit reflektiert, die für ihn immer auch ein politischer Akt ist. Er spricht über Entstehungsprozess, Wirkung, Bedeutung und Stellenwert der eigenen Bilder, trifft klare Aussagen und nimmt sich bei allem Geltungsanspruch schließlich doch nicht ernster als nötig.
Christoph Terhechte
Warum jetzt einen Film über einen zeitgenössischen Maler und warum Daniel Richter? Und warum fürs Kino?
Das waren die Fragen, die mir Filmförderer gestellt haben, zurecht wie ich meine, als ich das erste Gespräch über den geplanten Film suchte. Meine Antwort war klar und schnell: weil Daniel Richter der vielleicht wichtigste deutsche Maler seiner Generation ist, der Generation, die in den 1980er Jahren in den besetzten Häusern tobte, Punkmusik hörte, dazu Pogo tanzte. Die legendären besetzten Häuser in der Hamburger Hafenstraße oder im AJZ im beschaulichen Freiburg waren solche Orte und sie stülpten den klassischen Kulturbegriff vom Kopf auf die Füße. Nix war mehr, wie es vorher war und weil niemand in dieser bewegten Zeit eine Ausbildung machte, besann man sich, als man 30 Jahre alt wurde, was denn noch möglich sei in diesem Leben. Eine Alternative schien Kunst zu sein und so begab sich Daniel Richter zu den inzwischen nicht mehr so jungen Wilden der Malerei (Büttner, Oehlen, Kippen-berger), die als Professoren an den Kunstakademien lehrten und begann selbst Kunst zu studieren.
Und dann geschah, was niemand erwartete – er wurde ziemlich schnell ziemlich berühmt. Ähnlich schnell wie Neo Rauch auf der anderen Seite der Mauer. Und als diese fiel wurden beide – aus unterschiedlichen Gründen – DIE Vertreter (ihrer Generation) der deutschen Malerei in der Welt. Auch ich hatte einen ähnlichen biographischen Verlauf, im Süden der Republik, in eben dem genannten Freiburg und wurde berühmt mit einem Kurzfilm. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls kennen Daniel und ich uns nun schon länger, schätzen uns gegenseitig und be-schlossen bei einem gemeinsamen Abendessen einen Film zu machen über ihn, über Malerei, über Kunst und über die Frage, wie politisch kann ein Künstler in einem Umfeld des kapitalistischen Luxuswarenhandels überhaupt sein? Kluge Fragen, die dann ja im Film von Daniel - inzwischen mittendrin im Zentrum des Internationalen Kunstmarktes - eloquent beantwortet werden.
Ein grundsätzlich anderer Filmansatz als nur ein Porträt über einen berühmten, wenn auch widerständigen Künstler ist es geworden. Und weil im Thema und den genannten Akteuren so viel Potential steckt, soviel Visualität (von mir aus auch Vitalität), genau wie in der experimentellen Kunstaktion, der abstrakten Malerei oder dem künstlerischen Bewegtbild, brauchte es die Kinoleinwand im anamorphotischen Verfahren, anders ausgedrückt: ein Seitenverhältnis von 1:2,35, kurz „Cinema Scope“ genannt, um adäquat abgebildet zu werden. Ein Format, dass sich der Malerei eigentlich entzieht und doch Platz bietet, um Raum und Aktion und Zeit darin unterzubringen. Möglichkeiten also für die Gleichzeitigkeit von Ergebnis und Aktion, Landschaftstotalen als Zäsur Elemente im Narrativ, Spiegelungen von (Groß)Stadtansichten, die sich an den abstrakt-figurativen Gemälden Richters orientieren und on top Punkkonzerte in Hamburg und New York, die begleitend zu Vernissagen mit jungem Publikum stattfinden, das man sonst nicht findet in den Galerien dieser Welt.
Weitere Gründe diesen Film zu machen war die ungebrochene Originalität der Malerei von Daniel Richter. Sie hat eine Energie, die besonders junge Menschen in die Ausstellungsräume ziehen kann. Er ist ein Künstler, der sich permanent neu erfindet, nicht das immer Gleiche, wenn auch Erfolgreiche perpetuiert. Der neugierig bleibt und auf Risiko geht, der damit scheitern könnte und es doch nicht tut. Der sich langweilt, wenn er sich selbst wiederholt oder das Gefühl hat, dass er in seiner Malerei alles im Griff hat. So bleibt es spannend, wie es weitergeht mit ihm, er, der in der Mitte seiner Karriere verortet wird und da noch viel Luft nach oben ist, auch wenn das kaum möglich scheint.
Das alles war verbunden mit der Frage: was macht eine solche Karriere mit einem, der sich zu Anfang derselben mit der Gestaltung von Plattencover und Punk-Plakaten beschäftigte, der die Stadt damit zupflasterte, an Häuserwände sprühte und die Mechanismen des kapitalistischen Verwertungsprozesses anprangerte, die er im Übrigen auch heute noch genau kennt. Der sich jedoch auch heute nicht weg duckt, wenn die Frage aufkommt zum eigenen Verhältnis genau dieser Mechanismen, sich den Widersprüchen stellt und sich manchmal dennoch nicht den Verführungen des Ruhmes erwehren kann.
Wann also wenn nicht jetzt seine Bilder filmisch in den Fokus rücken, wo die erste Welt und seine Bewohner sich über neoliberalistisches Konsumverhalten definieren, in der rechts-populistisch orientierte Regime überall auf der Welt an die Macht drängen, Krieg plötzlich wieder in der Luft liegt bzw. stattfindet und Daniel Richter genau jetzt mit Tusche und Feder und dem Motiv einer Feldpostkarte aus dem 1. Weltkrieg künstlerisch neben seiner Malerei sich dem Publikum zuwendet, als ein kleines Zeichen gegen diese Strömungen der gesellschaftlichen Verrohung.
Seine aktuellen Collagen, die immer auch entstehen im breit angelegten künstlerischen Prozess und ausgestellt werden, thematisieren unter anderem den Missbrauch männlicher Dominanz über den weiblichen Körper, ja Körper überhaupt, die Gewalt und Sexualität thematisieren, die theweleit'schen „Männerphantasien“ aktualisieren in einer, nein seiner, spezifischen Montageform, die zurück geht auf Heartfield und andere und von vielen heute bereits als wertlos bezeichnet wird. Im Gegensatz zu ihm. Auch das wird gezeigt im Film.
Wir sind, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, wieder in den „Roaring Twenties“ den Zwanziger Jahren, ein Jahrhundert nach der Weimarer Republik, die kurz danach mit entarteter Kunst und Bücherverbrennung ein dunkles Kapitel der Menschheit einleitete. Ein Schelm, der keine Parallelitäten sieht.
Aus all den oben genannten Gründen kam für mich die Dringlichkeit, jetzt einen Film mit einem politischen Künstler zu drehen und nicht von ungefähr. Oder vielleicht auch nur deshalb, weil es sich für mich so anfühlte. Im Übrigen sind alle meine so Filme entstanden, immer nur in jener Zeit, in der sie entstanden, waren sie möglich. Nicht vorher oder später.
Pepe Danquart