In diesem Blockseminar wollen wir einen der gebräuchlichsten und zugleich schwammigsten Begriffe der Filmgeschichte umkreisen: Den Realismus. Statt nach Merkmalen des realistischen Films, wollen wir danach fragen, was es bedeutet einen Film als realistisch zu verstehen. Es wird in erster Linie also nicht um Definitionen gehen, sondern vielmehr darum, wie bestimmte Effekte und Bedeutungen produziert werden, die wir als realistisch interpretieren. Wir wollen realistischen Verfahren auf die Schliche kommen und dadurch fast beiläufig bestimmte Grenzverläufe zwischen bspw. dem Dokumentarischen und dem Fiktionalen aufweichen. Der Begriff des Realismus ist dabei als eine Art Sehhilfe zu verstehen, um schärfere Fragen nach der Beschaffenheit des Verhältnisses zwischen Film und außerfilmischer Referenzwelt zu formulieren. Daran schließen sich Fragen nach dem Zusammenhang zwischen bestimmten ästhetischen Verfahren und ihren ideologischen und politischen Implikationen an. Realismus als eine Form des Regierens im Bildraum? Anhand von Filmbeispielen und Ausschnitten, die von der Frühgeschichte des Films bis zum zeitgenössischen Kino reichen, soll der Modus des Realismus diskutiert werden. Er soll als Verfahren der Reproduktion der bestehenden Verhältnisse verständlich werden, aber ebenso in seinen Möglichkeiten vorgestellt werden, neue und unterdrückte Bildräume zu eröffnen und von der Kunst zu erzählen, nicht dermaßen regiert zu werden.